Haben Sie schon einmal der Internet nach Schreibtipps durchsucht oder einen Ratgeber gekauft? Wer Autor oder Autorin werden möchte oder seinen Schreibstil verbessern will, für den sind Anregungen willkommen. Doch gelegentlich widersprechen sich diese oder lassen Sie etwas ratlos zurück, weil sie so gar nicht zu Ihrer Arbeitsweise oder Ihrem Stil passen wollen, oder Sie finden nichts für Ihr spezielles Anliegen, sondern nur Allgemeinplätze.
Die meisten Schreibtipps beziehen sich auf Romane – deren Aufbau passt aber nicht zu Kurzgeschichten, Novellen oder gar Gedichten. Seien Sie sich also darüber im Klaren, dass es keine allgemeingültigen Herangehensweisen gibt, die auf alle Arten von Literatur passen. Und dennoch können Sie manche Tipps auch auf Ihre Bedürfnisse anpassen. In diesem Artikel wollen wir einige gängige Schreibtipps näher unter die Lupe nehmen.
Der wichtigste Schreibtipp
Eigentlich gibt es nur eines, den Sie wirklich beachten müssen: Es gibt nicht den Schreibtipp. Sie müssen nicht auf eine bestimmte Art schreiben. Vielleicht haben Sie Glück und finden genau den Vorschlag, der perfekt zu Ihnen passt, ein anderer widerstrebt Ihnen vielleicht. Möglicherweise ist die Person, die Ihnen den Schreibtipp gibt, selbst kein besonders guter Autor. Gehen Sie kritisch an die Vorschläge heran und adaptieren Sie, was für Sie gut funktioniert, aber bleiben Sie immer offen für konstruktive Kritik.
🪶Schreibtipp 1: Es gibt keine universalen Schreibtipps. Adaptieren oder ignorieren Sie Vorschläge, wie es individuell zu Ihnen passt.
That being said … Das heißt nicht, dass es nicht bestimmte Kriterien gibt, die gute Literatur ausmachen. Ein Roman lebt von Figuren, die den Leser in den Bann ziehen, und Geschichten, die Lust auf mehr machen. Eine Novelle erzählt von einer erstaunlichen, nach Goethe „unerhörten“ Gegebenheit, eine Kurzgeschichte kann uns zum Lachen oder Weinen bringen, oder beides. Ein gutes Gedicht verzaubert oder verstört und beeindruckt uns nachhaltig. Es gibt allerdings verschiedene Wege, das alles zu erreichen, und dazu gehört es auch manchmal, Schreibregeln zu brechen.

Auch können zwei Autoren können denselben Schreibtipp berücksichtigen und dennoch ist einer besser als der andere, denn gutes Schreiben ist vor allem einen Sache der Übung. Es ist, wie auch z. B. beim Malen, nicht einfach, einen eigenen, unverwechselbaren Stil zu finden. Legitim ist es auch, für verschiedene Geschichten unterschiedliche Stile zu verwenden. Wenn jede Ihrer Storys eine andere Stimme braucht, dann lassen Sie sich nicht davon beirrren, dass das Publikum angeblich immer das Gleiche in neuem Gewand lesen will.
In den folgenden Abschnitten wollen wir Ihnen einige Schreibtipps – oder auch Schreibmythen – näher vorstellen und sie kritisch beleuchten, und auch einige allgemein wissenswerte Informationen rund ums Schreiben sollen nicht fehlen.
Ein Autor schreibt nicht nur
Als Autor oder Autorin sollten Sie viel lesen, und vor allem verschiedene Literaturarten und auch ältere Literatur. Lesen Sie Short Stories, Micro Fiction, Novellen, Gedichte, Romane, Dramen, Fachliteratur, Experimentelles. Lesen Sie Klassiker! Auch wenn manche heute etwas verstaubt wirken, können Sie sehr viel lernen, denn die meisten sind nicht ohne Grund weltberühmt geworden.
🪶Schreibtipp 2: Lesen Sie viel, und lesen Sie unterschiedliche Literaturarten.
Nehmen Sie sich auch Bücher vor, die Sie nicht mögen und die Sie schwierig zu lesen finden. Der eigene Geschmack ist kein Kriterium für gute Literatur. Auch wenn Sie den Stil eines Autors nicht mögen, heißt es nicht, dass es ein schlechtes Buch ist. Alles, was Sie lesen, wird in Ihr Unterbewusstsein einfließen und Sie beim Schreiben weiterbringen. Je mehr Dinge Sie lesen, die Ihren Intellekt herausfordern, desto mehr können Sie lernen und Ihren (Schreib)Horizont erweitern.
Suchen Sie neue Anregungen
Sie werden immer wieder Phasen haben, in denen Sie nicht aktiv schreiben. Dennoch werden Sie im Hinterkopf unbewusst an Ihrer Geschichte arbeiten. Dabei handelt es sich nicht unbedingt um eine Schreibblockade. Manchmal brauchen wir solche Auszeiten, um neue Ideen und neue Kraft zu schöpfen. Sollten Sie einmal das Gefühl haben, dass Sie wirklich feststecken, kann ein Spaziergang helfen. Vielleicht entdecken Sie unterwegs etwas, das Ihnen eine neue Idee gibt, oder Sie bekommen den Kopf frei. Auch Musik zu hören, in ein Museum zu gehen, einen Ausflug zu machen, wird Ihnen helfen.
🪶 Schreibtipp 3: Bleiben Sie in Bewegung.
Stur am Schreibtisch zu sitzen, bringt Sie als Autor in den wenigsten Fällen weiter. Sie brauchen unterschiedliche Settings, denn Autoren sind vor allem Beobachter und können aus allem etwas für ihre Kunst ziehen, sei es ein bestimmter Menschentyp, eine besondere Stimmung oder ein flüchtig im Vorbeigehen gehörter Satz, der Ihre Gehirnwindungen auf Trab bringt. Nicht umsonst gab es den Trend der Flaneure, die sich auf Straßen und Cafés den Tag vertrieben und sich Inspiration holten.
Übung macht den Meister
Es ist eine Binsenweisheit, aber wie jede andere Fertigkeit kann und muss man auch das Schreiben lernen. Leider herrscht in Deutschland bei vielen noch immer dieser Mythos des Genies vor, dem die Sätze nur so zufliegen. In den letzten Jahren hat sich dies zum Glück durch den Einfluss vor allem aus den USA etwas gelegt, wo an Universitäten Schreiben gelehrt wird wie jede andere Disziplin auch. Hierzulande können Sie Kurse bei privaten Fortbildungsinstituten, Volkshochschulen oder Onlineanbietern machen, die zum Teil kostenlos sind. Oder Sie suchen sich gute Fachliteratur, besuchen Schreibzirkel oder tauschen sich mit anderen Autoren aus.
🪶 Schreibtipp 4: Üben Sie so viel wie möglich.
Wichtig ist nur, dass Sie ins Schreiben kommen und dabei bleiben. Versuchen Sie, Ihren Ihren Stil weiterzuentwickeln, probieren Sie Neues aus, werden Sie zum Detektiv: Analysieren Sie verschiedene Schreibstile, finden Sie heraus, wie die Autoren bestimmte Effekte erzielen, wie sie ihre Sätze aufbauen, wie die Kapitel konstruiert sind, welche Erzählstimme(n) sie nutzen. Lesen Sie sowohl kurze und als auch umfangreiche Bücher und erfahren Sie, wie der Schreibstil und die Länge einander bedingen.
Schreibübungen sollten Sie regelmäßig einbauen. Nutzen Sie Schreibprompts, versuchen Sie, den Stil eines Autors zu kopieren, schreiben Sie mit Stoppuhr einfach drauf los, wechseln Sie Schreiborte, gehen Sie raus und beobachten Sie Menschen und Situationen. Versuchen Sie sich an Dialogen, Beschreibungen und dem Innenleben Ihrer Figuren. Versuchen Sie, verschiedene Stimmungen zu erzeugen. Je vielfältiger Sie üben, desto sicherer und flexibler werden Sie, und Sie werden auch erkennen, wo Sie noch am meisten lernen müssen.
Warum Sie Fanfiction schreiben sollten
Fanfiction ist ein beliebtes Genre. Fans spinnen die Geschichten rund um ihre Lieblingscharaktere aus Literatur oder Film weiter, geben ihnen ein anderes Ende, versetzen sie in eine andere Zeit oder ein anderes Genre, verleihen Nebenfiguren eine Hintergrundgeschichte und und und. Da diese Geschichten aus urheberrechtlichen Gründen nicht kommerziell verwertet werden können, gibt Ihnen das eine große Freiheit, mit verschiedenen Schreibstilen und Literaturarten zu spielen. Die Storys können Romanlänge haben, aber auch nur 100 Wörter umfassen.
🪶 Schreibtipp 5: Schreiben Sie Fanfics.
Ein weiterer Vorteil ist, dass Sie nicht bei null anfangen müssen, denn Ihre Leser kennen das Grundlagenmaterial, Sie müssen also nichts erklären und keine Hintergründe liefern; Sie können einfach eine Szene schreiben, einen inneren Monolog oder eine lustige Episode, die Leser werden es ohne weitere Erklärungen verstehen. Sie ersparen sich so viel Arbeit und können sich ganz auf den Aspekt konzentrieren, der Ihnen wichtig ist.
Gängige Schreibtipps näher beleuchtet
In diesem Abschnitt gehen wir auf häufig genannte Schreibtipps näher ein und beleuchten ihre Vor- und Nachteile. Einige davon sind eher im Bereich Mythen einzuordnen, z. B. dass es gut ist, nur in kurzen Sätzen zu schreiben. Andere sind sinnvoll, aber nicht leicht umzusetzen und daher ein wichtiger Part auf der Reise des Schreibens.
Show oder Tell?
Ein Schreibtipp, der einem ständig begegnet, ist „Show, don’t tell“. Damit ist gemeint, dass Sie etwas nicht einfach schreiben sollen, wie z. B. dass jemand Angst hat, sondern stattdessen die körperlichen Reaktionen von Angst zeigen, wie Schwitzen, zittrige Hände u. Ä. Das gibt Ihrer Szene nicht nur mehr Tiefe und lässt die Leser mit der Figur fühlen, sondern hebt auch den Text von einer reinen Beschreibung auf ein erzählerisches Level.
🪶 Schreibtipp 6: Setzen Sie Stilmittel situativ ein.
Dies ist ein durchaus sinnvoller Tipp, der aber wohldosiert eingesetzt werden sollte. Sie können kein ganzes Buch allein mit „show“ schreiben, das würde Sie und die Leser in den Wahnsinn treiben, weil es die Länge des Textes nicht nur enorm aufbläht, sondern auch ermüdend sein kann und oft schlichtweg überflüssig ist. Gerade alltägliche Dinge brauchen oft wenig Bechreibung, vor allem, wenn es nur um einen Szenenwechsel. Wollen Sie Ihre Figur von A nach B bringen, dann schreiben Sie auch einfach mal „XY setzte sich ins Auto und fuhr zu ihren Eltern.“
Setzen Sie “show“ also nur dort ein, wo es wirklich sinnvoll ist. Haben Sie z. B. eine Figur, die mit Ängsten zu kämpfen hat, können Sie dies anhand einer roten Ampel ausarbeiten. Ihre Figur könnte durch eine rote Ampel und eine vollkommen leere Straße in eine Krise geraten: Was könnte passieren, wenn sie einfach drübergeht und die Regeln missachtet? Sie könnte sich Horrorszenarien oder Konsequenzen ausmalen oder einen moralischen Konflikt übers Regelbrechen geraten. In diesem Fall wäre es sinnvoll, aus dem Überqueren der Straße eine ausführliche Szene zu machen.
Falls nicht, schreiben Sie z. B.: XY überquerte die Ampel bei Rot. Auch hier schwingt noch etwas mit, z. B. dass XY sich um Regeln nicht schert, oder dass es aus Sicht der Figur lächerlich wäre, an einer unbefahrenen Straße zu warten. Auch so können Sie die Charakterisierung Ihrer Figur vertiefen, ohne große Worte zu machen. „Tell“ kann über eine reine technische Beschreibung hinausgehen, sofern es eine Information ist, die ihre Geschichte stützt. Ähnlich ist es mit Metaphern – auch diese sollten wohldosiert und sinnvoll eingesetzt werden.
Lange vs. kurze Sätze

Ein weiterer Schreibtipp, den Sie sicher – nicht in einschlägigen Ratgebern von Fachleuten, sondern vermutlich eher in Internetblogs – schon einmal gelesen haben, ist, nur kurze Sätze zu verwenden. Wenn Sie nicht in einfacher Sprache schreiben oder der Stakkato-Stil Ihr Hauptstilmittel ist, dann sollten Sie das nicht tun, falls Sie Ihre Leser nicht für unfähig halten, einen komplexeren Text zu verstehen. Manch erfahrener Leser wird sich davon unterfordert fühlen und verärgert sein, junge Leser werden nicht herausgefordert.
🪶Schreibtipp 7: Wechseln Sie kurze und lange Sätze ab, sofern es sich nicht um ein besonderes Stilmerkmal des Textes handelt.
Zu lange Sätze dagegen können verwirren, vor allem, wenn der Text online gelesen wird. Wer nicht gerade ein Meister wie Thomas Mann ist, sollte mit sehr komplexen Sätzen vorsichtig sein. Dennoch gibt es Kommas nicht umsonst. Am angenehmsten liest sich ein Text, der kurze und längere Sätze abwechselt, und im allgemeinen können solche Texte auch am besten die Aufmerksamkeit der Leser halten. Drei-Wort-Sätze und solche, die einen ganzen Paragraphen umfassen, sollten eher vermieden werden.
Schreiben Sie (nicht) für Ihr Publikum
Soll man für das Publikum schreiben oder nicht? Dies ist nicht einfach mit Ja oder Nein zu beantworten und hängt auch davon ab, wie Ihre Situation als Autor ist. Stehen Sie bei einem Verlag unter Vertrag und schreiben für ein bestimmtes Genre, sind Sie weniger frei als es Selfpublisher sind, Sie Gedichte schreiben oder für einen Verlag, der ungewöhnliche Literatur sucht. Manchmal sind Sie also an bestimmte Regeln gebunden, um ein Genre zu bedienen, und Ihr Publikum hat eine bestimmt Erwartungshaltung, die Sie bedienen sollten.
🪶 Schreibtipp 8: Schreiben Sie nichts, was Sie selbst nicht mögen. Wenn möglich, schreiben Sie frei und gegebenenfalls genreübergreifend.
Aber auch wenn Sie für ein klar umrissenes Publikum schreiben, sollte es etwas sein, das Sie selbst lieben und wo Sie dahinter stehen können. Daher sollten Sie trotz aller Vorgaben immer zunächst für sich selbst schreiben, sonst ist die große Schreibblockade nicht fern. Es ist auch mehr als legitim, trotz aller Marketingstricks einfach tolle Stories zu schreiben, die keine bestimmte Zielgruppe ansprechen. Die Weltliteratur ist voller Meisterwerke, die ohne detaillierte Zielgruppenanalyse ausgekommen sind und auskommen.
Ein weiterer Schreibtipp für das Schreiben für das Publikum, den Sie aber auf jeden Fall beachten sollten, schon allein aus Respekt vor dem Leser: Egal, ob Sie Fachbücher oder Belletristik schreiben, schreiben Sie klar und verständlich. Verkomplizieren Sie nichts unnötig, vermeiden Sie zu spezifische Fachwörter, und prahlen Sie nicht mit Ihrem Wissen – Romanautoren, die seitenweise darlegen, was sie so alles wissen, kommen nicht sehr sympathisch rüber.
Finden Sie den richtigen Erzähler
Wenn man heute in Buchhandlungen stöbert und die Neuerscheinungen durchblättert, fällt einem – leider – auf, dass sehr viele aus der Ich-Perspektive geschrieben sind. Es ist die einfachste Erzählerperspektive und mit einigen Einschränkungen verbunden, da man so nur eine Perspektive darlegen kann. Sie kann reizvoll sein, wenn es vor allem ums Innenleben des Erzählers geht, wenn aber eine komplexe Geschichte mit vielen verschiedenen Figuren erzählt werden soll, ist sie ungeeignet.
Die zweite Person singular, also die Du-Form, ist ein eher neues Phänomen und ungewöhnlich. Der Lesefluss ist zwar schlechter als bei allen anderen Erzählstimmen, sie kann aber, wenn gut eingesetzt, der Geschichte einen ganz besonderen Sog geben, da es die unmittelbarste Perspektive ist: Der Leser ist persönlich in die Geschichte eingebunden, wird direkt angesprochen.
Die dritte Person ist die gängigste und flexibelste der Erzählformen. Hier ist eine auktoriale (allwissende, kann auch in der Ich-Form vorkommen) und eine personale Perspektive, die es möglich machen, die Geschichte auch aus mehreren Figurenperspektiven zu erzählen. Auch der personale Erzähler bietet eine Innenperspektive der Figuren, die nicht neutral sein muss.
🪶 Schreibtipp 9: Experimentieren Sie mit verschiedenen Erzählern.
Es ist wichtig, immer daran zu denken, dass der Erzähler nicht der Autor ist. Er spiegelt nicht die Meinung des Autors wieder und kann, wie im beliebten Fall des unzuverlässigen Erzählers, den Leser an der Nase herumführen.
| Perspektive | Erzähler | Eigenschaften |
|---|---|---|
| Innenperspektive | Ich-Erzähler (Protagonist) Personaler Erzähler (Dritte Person) | Teil der Handlung/Protagonist Eingeschränkte Sichtweise, Subjektivität |
| Außenperspektive | Auktorialer Erzähler Neutraler Erzähler | auktorial: allwissend, unbeteiligt, kann neutral sein neutral: beobachtet und beschreibt |
Die Perspektiven können auch innerhalb eines Textes wechseln oder kombiniert werden.
Kill your darlings
Auch „Kill your darlings“, also „Töte deine Lieblinge“, gehört zu den weitbekannten Schreibtipps. Die Aussage wird William Faulkner zugeschrieben und meint im Grunde, dass man sich von manchen Dingen, seien es bestimmte Szenen oder Sätze, Figuren oder Erzählsträngen, die man zwar heiß und innig liebt, die die Geschichte aber nicht voranbringen, trennen muss. Auch wenn es sehr schwer fällt, ist dies ein wichtiger Schreibtipp.
🪶 Schreibtipp 10: Manchmal ist weniger mehr. Trennen Sie sich von Absätzen oder Storylines, die nichts dazu beitragen, die Geschichte voranzubringen oder sie sogar behindern.
Im schlimmsten Fall kann eine fixe Idee eine ganze Geschichte ruinieren oder Sie in eine Schreibblockade treiben, weil Sie Ihren „Liebling“ nicht sinnvoll einbinden können. In diesem Fall: Eleminieren Sie den einen Satz, den Sie so lieben, ändern Sie eine Szene oder nehmen Sie sie raus, schreiben Sie eine Figur um oder verzichten Sie gänzlich auf sie – und plötzlich funktioniert Ihre Story wieder. Wenn Sie zögern, dann kopieren Sie die entsprechenden Stellen einfach in ein anderes Dokument, so dass sie nicht komplett verloren sind.
Der Schreibprozess: Eine individuelle Angelegenheit
Jeder hat einen eigenen Arbeitsstil – sich einen anderen aufzuzwingen, wird irgendwann zu Frustration führen. Vielleicht fällt Ihnen das Schreiben schwer, weil Sie die für Sie beste Vorgehensweise noch nicht gefunden haben. Probieren Sie definitv beides aus, um Klarheit zu erlangen.
🪶 Schreibtipp 11: Lernen Sie Ihren eigenen Schreibstil kennen.
Es gibt zwei Oberkategorien, wie man an den Schreibprozess herangehen kann:
- Plotter: Als Plotter bezeichnet man Autoren, die ihre Geschichte detailliert durchplanen, also vorab alle Kapitel festlegen, alles recherchieren, alle Charaktere entwickeln, und sich dann auch möglichst daran halten.
- Pantser: Pantser sind Autoren, die intuitiv an eine Story herangehen und aus dem Bauch heraus schreiben. Ihre Geschichte und ihre Figuren entwickeln sich während des Schreibens.
Beide Schreibtipps können Vor- und Nachteile haben: Eine zu starke Strukturierung kann die Kreativität hemmen, sie macht vorab sehr viel Arbeit und kann den Spaß am Schreiben mindern. Auch die Spannung leidet: Wer schon hundertprozentig weiß, wie die Geschichte aussieht, könnte das Interesse verlieren. Eine rein intuitive Herangehensweise kann in Sackgassen führen, vor allem bei langen Romanen. Es kann passieren, dass man nicht weiß, wie man die Situationen lösen kann, es können sich Logikfehler einschleichen oder der Autor kann sich überfordert fühlen. Zwar kann eine Geschichte auch mal nicht funktionieren, wenn man sie durchgeplant hat, es ist aber wenig wahrscheinlich.

Auch wenn manche Schreibtipps es suggerieren: Es gibt beim Schreiben kein Richtig oder Falsch. Die meisten Autoren wenden Mischformen von Plotten und Pantsen an, denn besonders bei langen Texten ist es sinnvoll, zumindest einen groben Überblick über die Handlung, die Figuren und alle Themen, die Sie ansprechen wollen, zu haben. Während es bei kürzeren Geschichten sehr erfüllend sein kann, sich einfach von der Muse küssen zu lassen und draufloszuschreiben, werden Sie bei längeren irgendwann an Ihre Grenzen kommen und riskieren, sich zu verzetteln.
Bleiben Sie offen für Unvorhergesehenes
Die meisten Schreibtipps, die Sie im Internet und einschlägigen Ratgebern finden, sind für Plotter. Sicher können Sie auch als Pantser oder jemand, der nicht alles minutiös durchplanen möchte, einige Anregungen daraus ziehen, wie beispielsweise eine Biografie für die Figuren zu erarbeiten. Die spannendsten Momente beim Schreiben sind allerdings die unvorhersehbaren: Nicht selten kommt es vor, dass die Charaktere ein Eigenleben entwickeln. Lassen Sie sie! Auch wenn es merkwürdig ist, dass es nicht so läuft wie Sie erwarten, lassen Sie sich darauf ein.
🪶 Schreibtipp 12: Auch wenn Sie ein gewissenhafter Plotter sind, bleiben Sie offen für den Eigensinn Ihrer Figuren.
Zum Eigensinn der Figuren kann es auch gehören, dass sie geradezu lebendig werden und zu einer Obession führen. Ein berühmtes Beispiel ist „Der talentierte Mr. Ripley“, bei dem die Autorin Patricia Highsmith ihrem gerissenen Protagonisten Tom Ripley geradezu verfiel und ihn für weitere vier Romane ungestraft seine Verbrechen begehen lies.
Schreiben Sie schlecht
🪶 Schreibtipp 13: Schreiben Sie ohne inneren Zensor und bearbeiten Sie den Text später.
Der erste Entwurf ist dafür da, dass etwas existiert. Er muss nicht gut sein, die Hauptsache ist, dass Sie nicht vor einem leeren Blatt sitzen. Nur ein Text, den es gibt, kann optimiert werden. Schreiben Sie also erst einmal alles auf, was Sie möchten, ob es nun schon ein grober Gesamttext ist oder einzelne Szenen. Diese müssen weder richtig ausgearbeitet sein noch gut geschrieben sein. Es kostet durchaus Überwindung, schlecht zu schreiben, lohnt sich aber. Verbessern können Sie später immer noch.
Bewerten und zensieren Sie nicht, konzentrieren Sie sich auch nicht auf Grammatik und Rechtschreibung. Wenn Sie etwas nachschlagen müssen oder Synonyme suchen, markieren Sie die Stellen und bearbeiten sie später. Wenn Sie noch keine passenden Namen haben, nehmen Sie irgendeinen Namen oder Begriff. Diesen können Sie dann später durch Suchen und Ersetzen ändern.
Manche Autoren sind nicht dafür geschaffen, etwas erstmal „runterzuschreiben“, um es dann geduldig zu lektorieren und umzuschreiben, sondern tun dies während des Schreibprozesses. Hier kann es unter Umständen helfen, Szenen, die nicht funktionieren, zu überspringen und bei der nächsten weiterzumachen. Sie müssen nicht linear schreiben. Schreiben Sie eventuell ein paar Stichworte zur Szene auf, ein Dialogfetzen, den Sie darin aufnehmen möchten, oder eine bestimmte Beschreibung, und formulieren Sie es später aus. So vermeiden Sie es, an einer bestimmten Stelle festzuhängen.
🪶 Schreibtipp 14: Schreiben Sie nicht-linear und überspringen Sie Szenen, die im Moment noch nicht funktionieren.
FAQ
-
Wo kann ich Schreibtipps erhalten?
Es gibt viele Möglichkeiten, sich Schreibtipps zu holen. Sie können in Internetblogs nachsehen, Fachartikel und -bücher lesen, sich in Foren mit anderen austauschen und Kurse belegen, z. B. bei Schreibakademien, Volkshochschulen oder Online Kursen.
-
Wozu sind Schreibtipps gut?
Schreibtipps können Ihnen helfen, Ihre Fähigkeiten beim Schreiben zu verbessern und Schreibblockaden zu verwenden. Allerdings sind nicht alle Tipps für jeden gleichermaßen geeignet. Suchen Sie sich daher die aus, die zu Ihnen passen.
-
Was ist Plotten und Pantsen?
Dies bezieht sich auf zwei Kategorien von Herangehensweisen ans Schreiben. Plotten bedeutet, dass Sie im Vorfeld Ihr Buch durchplanen, wie beispielsweise die Kapitelstruktur festlegen, alle Fakten recherchiert und die Charaktere vollständig ausgearbeitet haben. Pantsen ist das Gegenteil davon und bedeutet, dass man aus dem Bauch heraus ohne Plan schreibt. Die meisten Autoren nutzen jedoch Mischformen.
-
Wie kann ich eine Schreibblockade überwinden?
Eine Schreibblockade kann viele Gründe haben. Sie könnten überarbeitet sein, in Ihrem Text feststecken, beispielsweise bei Logiklöchern, oder nicht genug Anregungen haben. Es ist dann sinnvoll, etwas anderes zu tun und sich neue Inspiration zu holen. Gehen Sie beispielsweise spazieren, besuchen Sie ein Konzert oder eine Ausstellung, oder gehen Sie einem anderen Hobby nach. Auch Schreibübungen können helfen.
-
Was kann ich tun, wenn ich mit meinem Text nicht weiterkomme?
In diesem Fall kann es helfen, eine Szene zu überspringen und an der nächsten zu arbeiten. Oder Sie schreiben Ihre Idee grob auf, ohne dass Sie auf guten Stil oder Rechtschreibung achten. Sie können das Geschriebene später verbessern – Perfektionismus kann hinderlich sein.
